Kroatien, Land der Gegensätze – Enduristisches Wandern an der Küste Kroatiens

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© 2014, Foto: Torsten Thimm

Cres, Kroatien (RoadsRus). Es ist Ende Oktober als Klaus, Sascha, Marc und ich uns dazu entscheiden der herbstlichen Tristheit Deutschlands noch einmal zu entfliehen und die Sonne zu suchen. Da unsere Zeit dafür leider begrenzt ist, leihen wir uns kurzerhand einen Transporter beim Bikertransit, um uns die unnötigen Autobahnkilometer auf den Bikes zu sparen. Die Anfahrt durch die schon sehr herbstlichen Landschaften Österreichs und Sloweniens verläuft dann auch vollkommen problemlos. Einzig die Grenzformalitäten beim Übergang von Slowenien nach Kroatien kommen uns etwas merkwürdig vor. Waren wir nicht alle irgendwie Europa und EU?

© 2014, Foto: Torsten Thimm
© 2014, Foto: Torsten Thimm

Opatija empfängt uns jedenfalls mit dem Flair einer alten Hafenstadt in der aufkommenden Dunkelheit dieses Tages. Die hoch über der Stadt thronende Villa Kapetanovic ist zur Sicherheit schon vorgebucht. Ein freundlicher Empfang der Gastgeber, ein hopfenhaltiges Getränk und ein feines Abendessen waren auf uns. Kurze Zeit später beziehen wir unsere Schlafgemächer für diese Nacht.

Der nächste Morgen beginnt dann auch früh mit der aufgehenden Sonne, die die komplette Szenerie um uns herum in ein Gemälde aus Land, Wasser und Farben taucht. Auf der großen Terrasse des Hauses nehmen wir bei 22 Grad unser Frühstück ein und besprechen den ersten Tourentag. Freundlicherweise dürfen wir den Transporter auf dem hoteleigenen Parkplatz bis zum Ende der Tour stehen lassen, sodass uns die verschlungenen Straßen der Halbinsel Istrien schnell in ihren Bann ziehen. Bei den diversen Fotostops die wir einlegen zeigen sich die Menschen wie auch das Land von ihrer besten Seite und der stets magische Schein der Sonne lässt uns eins ums andere Mal die fortgeschrittene Jahreszeit vergessen. Nicht verwunderlich also, dass wir erst mit der aufkommenden Dämmerung die Fähre zur Insel Cres besteigen. Als uns das Schiff auf der anderen Seite wieder ausspuckt ist es bereits dunkle Nacht. Wir beschließen den Autos vor uns folgen und nehmen die steinerne Insel nur schemenhaft im Scheinwerferlicht der Karavane wahr. Nicht sehr viel später landen wir in Cres, wo wir schnell eine passende Unterkunft finden, die uns mit kroatischen Köstlichkeiten zum Abendessen verwöhnt. Während des Essens und auch noch danach auf dem Apartment planen wir den Tourverlauf für den kommenden Tag, bevor wir müde in unsere Betten fallen.

© 2014, Foto: Torsten Thimm
© 2014, Foto: Torsten Thimm

Der neue Tag hat gerade begonnen als die ersten Fischer im Hafen von Cres mit ihren Booten einlaufen. Zusammen mit den alten Gebäuden hier fühlen wir uns irgendwie in die 1960er Jahre zurückversetzt. Eine Zeit in der man unsere tägliche Hektik noch nicht so extrem kannte. Genau das ist Urlaub und diese Stimmung nehmen wir für den heutigen Tag mit auf unseren Weg hinüber zur Insel Krk. Mit der Fähre setzen wir auch hier über und durchqueren die Insel auf zum Teil etwas breiteren Ziegenpfaden mit den Bikes. Welch ein Gegensatz, was Cres an Steinen und alten Mauern zu bieten hat, hält Krk an grünen Gewächsen dagegen. Beides auf seine Art zugleich bizarr aber auch wunderschön. Über die große Brücke gelangen wir gegen Mittag zurück aufs Festland und verlassen damit die Kvarner Bucht. Wir folgen wenn auch nur kurz der Uferstraße, bevor wir hinauf in die Berge und das Hinterland abdrehen. Die berühmten Plitvicer Seen sollen unser Ziel für heute werden. Doch kaum haben wir die Bergkette überfahren, ist es Herbst. Und zwar Herbst mit allem was dazugehört! Die Temperaturen fallen rapide, es zieht sich zu, beginnt zu regnen, was meine Begleiter und mich dazu veranlasst umzuplanen und am Abend in Senj küstennah mit Blick auf die alte Festung zu übernachten. Weiter nach Süden ist die einhellige Entscheidung am Ende des Tages und die berühmten Wasserfälle von Krka das Ziel für morgen. Mit diesem Plan im Kopf ist der Tag dann auch vorbei und schlafen wir ein.

© 2014, Foto: Torsten Thimm
© 2014, Foto: Torsten Thimm

Nach einer ausgesprochen ruhigen Nacht und einem sehr deutschen Frühstück am Morgen verabschieden wir uns von unseren Gastgebern und folgen der rosa Linie in unseren Navis zu den Wasserfällen. Ein weiteres Mal zeigt sich Kroatien von einer ganz anderen Seite. Die Armut hier im Hinterland ist deutlich sichtbar. Immer noch stehen zerschossene und halbfertige Häuser links und rechts der Straße. Gebäude die fluchtartig von ihren Bewohnern verlassen worden sind, als der Bürgerkrieg tobte. Rote Absperrungen und Totenkopfschilder warnen vor Minenfeldern die noch nicht geräumt wurden. Glanz und Gloria der Küste, hier fehlen sie ganz und gar, es fühlt sich an als würde dieser Abschnitt in ein anderes Land gehören. Die Sonne hat ihren Zenit noch nicht erreicht als wir das Schiff besteigen, das uns zu den Wasserfällen bringt. Eine ruhige Überfahrt erwartet uns und ein einmaliges Erlebnis aus Wasser, Stein und Natur. Die Zeit hier vergeht wie im Fluge da das Gebotene einen in seinen Bann zieht. Tourentechnisch sind wir für heute aber noch nicht am Ende. Ein zweiter Anlauf führt uns noch einmal in Richtung Plitvicer Seen, denn wir wollen einmal auf Winnetous Spuren wandeln. Auch dieses Mal wird es im Hinterland kalt, aber zum Glück bleibt der Regen vom Vortag aus. Noch einmal bekommen wir die Ausmaße eines Bürgerkrieges, der über 20 Jahre zurück liegt, zu sehen, bevor uns der Weg am Abend in ein kleines Hotel in Jezerce, das kurz vor den Seen liegt, führt. Als wir an diesem Abend zu Bett gehen wähnen wir uns wirklich am Ziel.

© 2014, Foto: Torsten Thimm
© 2014, Foto: Torsten Thimm

Doch leider hat Petrus andere Pläne für uns vorgesehen. Der Besuch bei den Seen muss ausfallen. Durch dicke Nebelschwaden mit ganzen 6 Grad Außentemperatur sehen

wir schnell zu, dass wir uns, die Griffheizung auf der höchsten Stufe, wieder aus dem Staub machen. Der Weg ist klar. Ein weiteres Mal fahren wir Richtung Küste. Doch bevor wir das Meer erreichen kaufen wir unterwegs Käse und Wurst von den Bauern der Höf, die an der Straße liegen.

Eher zufällig kommen wir dann an die Einfahrt einer Schotterstrecke, die sich bei näherem Hinsehen als Verbindungsstück herausstellt und zum enduristischen Wandern geradezu einlädt. Dichte Bewaldung wechselt hier mit steinigem Grund und flachen Gewächsen. Am höchsten Punkt der Strecke landen wir inmitten eines verlassen Refugios das zum Picknicken einlädt. Wir genießen die gekauften Sachen und vor allem die Ruhe der Landschaft bevor es weitergeht. Der Blick wandert von Kurve zu Kurve und auf den Geraden dazwischen immer wieder hinunter zur Küste und dem Meer. Ein kurviger Lindwurm aus Teer wurde hier ins Tal gegossen, ihm folgend landen wir am frühen Nachmittag am Strand von Karlobag und lassen unseren letzten vollen Tourtag in Kroatien bei spätsommerlichen Temperaturen ausklingen.

© 2014, Foto: Torsten Thimm
© 2014, Foto: Torsten Thimm

Etwas wehmütig besteigen wir am folgenden Morgen die Maschinen und nehmen die Küstenstraße zurück bis nach Opatija. Noch einmal zeigt sich Kroatiens ganze Schönheit mit Blick auf die vorgelagerten Inseln. Beim Mittagessen im Hotel Kapetanovic überrascht uns Marc dann noch. Er schlägt vor alleine die Fahrt mit dem Transporter Richtung unserer letzten Unterkunft im österreichischen Maltatal auf sich zu nehmen, während wir drei anderen mit dem Motorrad zurückfahren. Ein Deal den wir nur zu gerne eingehen. Kurze Zeit später ist seine BMW auf dem Transporter verladen und wir verlassen Kroatien in Richtung slowenischer Grenze. Durch Slowenien, das Socatal und über den atemberaubenden Vrsicsattel gelangen wir nach Österreich und im aufkommenden Dunkel des Abends schließlich zum Maltainer Hof. Ein weiteres Mal übernachten wir hier.

Die Essenz dieser Reise: Kroatien hat eine Menge landschaftlich und kulturell Höhepunkte und Gegensätze zu bieten und das bei bestem Wetter. Das Land ist schon deswegen eine Reise wert, auch im Spätherbst. Die Leute bieten ihren Gästen alles, was man sich zum Wohlfühlen nur wünschen kann. Wir jedenfalls waren nicht das letzte Mal dort, das steht fest.