Mühlhausen, Thüringen, Deutschland (Roads’R’Us). Wo könnte der beste Platz für ein Bratwurstmuseum sein? Richtig, in Thüringen. Das dürfte als eine Hommage an die Thüringer Bratwurst, die für ihre lange Tradition und ihren besonderen Geschmack bekannt ist, verstanden werden. Und nicht in Berlin, wo angeblich die erste Currywurst bei Herta Heuwer zu haben war. Oder war der Erfinder Peter Hildebrand in Duisburg?
Im Mai 2006 wurde in Holzhausen bei Arnstadt ein Freizeitpark und Bratwurstmuseum eröffnet. Dort, in Holzhausen, wurde im November 2006 der erste Bratwurstkreisel der Welt eingeweiht. Doch die Anlage mußte im April 2020 geschlossen werden, weil sie für jährlich circa 70 000 Besucher zu klein war. Eine Neueröffnung fand am 16. August 2023 in Mühlhausen im Bundes- und Freistaat Thüringen statt. Das paßt, denn der erste Bratwurst-Export, der nach Amerika ging, kam aus Mühlhausen. Wenn das kein guter Grund für diesen Standort ist, was dann?
Thomas Mäuer, Geschäftsführer der 1. Deutsches Bratwurstmuseum Bratwurstmuseum Betriebs-GmbH mit Sitz in Mühlhausen, beschrieb uns das Museum wie folgt: „Wir sind ein Ausflugsziel mit Erholungscharakter. Hier oben am Stadtwald mit Tiergehege, Spielplatz, Gewürzgarten und zahlreichen Erlebnisstandorten bieten wir den Besuchern eine ganze Menge, gerade den Familien. Die größte begehbare Bratwurst der Welt steht hier und vieles mehr, und alles bei freiem Eintritt. Das Einzige, was Eintritt kostet, ist der Zugang zur volkskundlichen Ausstellung zum Thema Thüringer Bratwurst. Exponate zur Geschichte, Kultur, Tradition, urkundliche Ersterwähnungen, Werkzeugmaschinen, Geräte, Rezepturen – all das findet sich dort wieder.“ Erwähnenswert im Ausstellungsbereich ist das Kino, in dem dauerhaft verschiedene Filme zum Thema Bratwurst gezeigt werden, mit Filmplakaten an den Wänden, welche auf nicht ernst zu nehmende Weise wurstmäßig verwandelt wurden.“
„Im Jahr 2025 soll eine Minigolfanlage den Besuchern zur Verfügung stehen“, so Mäuer. Ebenfalls entsteht ein eigener Themenbereich „Bratwurst und Wilder Westen“, um zu zeigen, wie die Bratwurst aus Mühlhausen nach Amerika kam. Für Groß und Klein wird es nicht langweilig auf dem Gelände und im Museum, denn jeder findet viel Interessantes und Spannendes rund um die Wurst.
Das eigentliche Museum bietet interaktive Stationen, an denen Besucher mehr über die Herstellung der Bratwurst erfahren können. Außerdem besteht die Möglichkeit, selbst virtuell Bratwürste zu grillen und zu würzen. Besucher erfahren zudem Wissenswertes über die traditionelle Herstellung einer Bratwurst und die besonderen Gewürzmischungen, welche die Thüringer Bratwurst einzigartig machen. Darüber hinaus wird über alte und neue Rezdas Festjahepte sowie regionale Unterschiede in der Wurstproduktion informiert.
„Ein besonderer Höhepunkt“, so Thomas Mäuer, „ist das Bratwurst-Theater. Gespielt werden immer lustige Stücke rund um die Geschichte der Thüringer Bratwurst.“ Die Vorführungen beinhalten auch Kulinarisches. Kredenzt wird ein Theaterbuffet und am Ende erhalten die Zuschauer ein schmackhaftes Andenken. Jedes Jahr setzt das Theater ein anderes Thema auf den Spielplan. Nächstes Jahr sollen „500 Jahre Bauernkrieg“ gefeiert und zu Ehren von Thomas Müntzer ein Stück mit dem Namen „Müntzers Mühle“ aufgeführt werden. Eine geballte Ladung aus Wahn- und Unsinn dürften, so Mäuer, die Besucher erwarten.
Nicht nur als Museum, sondern auch für verschiedene Veranstaltungen und Festivals, die sich rund um die Bratwurst drehen, ist dieser Mühlhäuser Ort bekannt. Grillkurse, ein Bratwurstseminar, Bratwurst-Wettessen und traditionelle Feste wie das jährliche Bratwurstfest, den Weihnachtsmarkt mit Weihnachtsmann-Parade gehören als Ereignisse dazu. Fester Bestandteil sei, so der Geschäftsführer, ferner ein Mittelalterfest. „Für die Kleinen haben wir einen Kinderbauernhof und vieles mehr zum Entdecken“, so Thomas Mäuer.
Die Thüringer Bratwurst muss seit 2003 in Thüringen, hergestellt werden, weil die Herkunft geografisch geschützt wird. Doch bei den Gewürze gibt es sehr starke Variationen. Im Thüringer Norden wird mehr Majoran, im Osten mehr Kümmel und im Süden mehr Knoblauch, Muskat und immer mit ein wenig Zitrone verwendet. Kümmer wird im Thüringer Süden komplett abgelehnt. Weitere Unterschiede sind, dass im Norden und im Süden eher die gröbere Wurst beliebt ist, aber in der Gegend um Weimar und Gera eher die feinere Variante. Eine Übersichtskarte zu den Varianten befindet sich im Museum.
Zur Finanzierung des 1. Deutschen Bratwurstmuseums in Mühlhausen erklärte Geschäftsführer Mäuer: „Wir machen das Ganze komplett ohne staatliche Förderung und sind somit allein auf unsere Ideen und unsere Tatkraft angewiesen. Der Träger ist ein internationaler Verein mit dem Namen Freunde der Thüringer Bratwurst e.V. er hat die ideale Trägerschaft und kümmert sich um das kulturelle Leben. Die Vermarktung, das heißt die Bewirtung, ist privatwirtschaftlich organisiert in der Bratwurst-Museum-Betriebs GmbH.“
Und zur Regionalität teilte Mäuer mit: „Seit zwei Jahren stellen wir die Bratwurst, die wir hier verkaufen, in der kleinen Fleischerei Barthel in Mühlhausen nach alter Thüringer Bratwurst-Rezeptur her. Das Brötchen kommt vom Bäcker, welcher zwei Orte entfernt produziert. Auch die typischen Thüringer Getränke wie Vita Cola bis hin zur Holzkohle, die wir aus der letzten Holzköhlerei unterhalb des Rennsteigs holen, kommen aus der Region.“
Daß das Bratwurstmuseum Tradition, Kultur und Unterhaltung verbindet und ein beliebtes Ausflugsziel für Tourist im Allgemeinen und Bratwurstliebhaber im Besonderen ist, das merkt man schnell. Alle können in Mühlhausen mehr über kulinarische Geschichte und Gegenwart der Wurst aus Thüringen erfahren.
Gäste bekommen auch die Anekdote, dass der Reformator Martin Luther die Thüringer Bratwurst besonders geschätzt haben solle, zu hören. Tatsächlich wird ihm ein berühmtes Zitat zugeschrieben: „Die Bratwurst ist das beste Fleisch überhaupt.“ Allerdings handelt es sich bei dieser Aussage um eine Legende, die historisch nicht eindeutig belegt ist. Dennoch wird sie in Thüringen oft erzählt, um die lange Tradition und die große Bedeutung der Bratwurst in der Region zu unterstreichen. Wahrlich, die Thüringer Bratwurstgeschichte reicht bis ins Jahr 1404 zurück.
Kurze Thüringer Wurstgeschichte:
- Um 700 vor unserer Zeitrechnung gibt Homer in der Odyssee (20, 25) eine erste schriftliche Kunde von Wurst
- Im 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung befindet sich im ersten römischen Kochbuch von Apicius ein Bratwurstrezept.
- 1613 “S(achsen) W(eimarischen) Artikel und Ordnung für das Fleischerhandwerk zu Weimar, Jena und Buttstädt“, § 25 Bratwurst
- 1669 Johann Jacob Christoffel von Grimmelshausen preist im „Abenteuerlichen Simplicius Simplicissimus“ die Thüringer Bratwurst an
- 1797 Erstes gedrucktes Rezept für Thüringer Rostbratwürste im „Thüringisch-Erfurtischen Kochbuch“ von 1797
- 2000 Entdeckung der bislang ältesten Erwähnung der Thüringer Bratwurst durch Archivar Peter Unger in einem Rechnungsbuch des Arnstädter Jungfrauenklosters aus dem Jahre 1404
- 2003 Zuerkennung der geographisch geschützten Angabe „Thüringer Rostbratwurst“ im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
- 2006 Gründung des Vereines „Freunde der Thüringer Bratwurst e. V.“ mit heute 400 Mitgliedern aus 21 Ländern
1. Deutsches Bratwurstmuseum
Adresse: Bratwurstallee 1, Am Stadtwald 60, 99974 Mühlhausen, Thüringen, Deutschland
Kontakt: Telefon: 0049(0)36018571891
Heimatseite: bratwurstmuseum.de, E-Brief: buchung@bratwurstmuseum.de
Öffnungszeiten: Täglich außer Heiligabend ist das Museum geöffnet. In den Sommermonaten, von April bis Ende Oktober, von 10 Uhr bis 19 Uhr und im Winterhalbjahr von 10 Uhr bis 17 Uhr.
Eintritt: Eintritt ist nur für das Museum zu zahlen, das Freigelände darf kostenlos erkundet werden.
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